Die Kinderärztliche Versorgung bei der Geburt sicherstellen

Die IGNGH diskutierte an ihrer Jahresversammlung die Frage, wie Pädiater*innen entlastet werden können, um die ärztliche Grundversorgung der Neugeborenen sicherzustellen. Eine Möglichkeit ist es, die Kompetenzen der Hebammen im Rahmen der ersten Monatskontrolle auszubauen.

Eine junge Mutter stellt fest, dass der Versorgungsengpass bei PädiaterInnen ist bei den Eltern ein großes Thema ist. Die Suche nach einer kinderärztlichen Betreuung nach der Geburt erweist sich oft als schwierig, denn viele Praxen sind ausgebucht. In den Randregionen übernehmen oft AllgemeinpraktikerInnen die Pädiatrischen Aufgaben. Da die Pädiater und Kinderärztinnen für die Anliegen der Neugeborenen spezialisiert sind, stellt sich die Frage, ob die Grundversorgung gesichert ist. Allerdings fehlen gesicherte Zahlen, wie viele Eltern/Kinder tatsächlich keine kinderärztliche Praxis finden.
Seit 2015 erhalten Hebammen Vergütung bis zum 1.Lebensjahr der betreuten Familien bzw. deren Kinder. Das bedeutet, dass sie einen Teil der pädiatrischen Aufgaben übernehmen, die kinderärztlichen Praxen entlasten und dies für junge Familien die Betreuung zugänglicher machen könnte.
Die Kompetenzen der Hebammen hinsichtlich der ersten Monatskontrolle (U3) sind im Curriculum vorhanden aber nicht genug in der Praxis verankert bzw. es gibt keinen Anwendungsbereich, um die erlernten Kompetenzen genügend zu festigen, erklärt Vanessa Leutenegger, Dozentin im Masterstudiengang Hebamme ZHAW. Auch im Masterstudium und in Weiterbildungen gibt es Bausteine, welche die Versorgung der U3 abdecken würden.
Andererseits ist die U3 für die Pädiaterinnen und Kinderärzte sehr wichtig, so Camilla Ceppi Cozzio vom Berufsverband Kinderärzte Schweiz, denn sie bereitet den Boden für eine langjährige Betreuung vor. Die U3 wird daher sehr ernst genommen und es werden bis zu 45 min in die Vorsorgeuntersuchung, Familienanamnese und den 1.Kontakt mit den Eltern zur Verfügung gestellt.
Bereits vor 25 Jahren wurde der Fachkräftemangel prognostiziert, jetzt ist er sichtbar und es gilt, eine hohe Qualität bei der medizinischen Versorgung der Neugeborenen und der jungen Familien zu sichern. Dies kann gelingen, wenn die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Professionen gestärkt wird und bekannt ist, welche Kompetenzen vorhanden sind. Familienanamnese, Impfberatung, kindliche Gesundheit und Entwicklung als Kernkompetenz der PädiaterInnen. Tatsache ist, dass neue Konzepte gute Übergaben fordern und es wird die Möglichkeit diskutiert, dass Hebammen mit angehenden PädiaterInnen/Ärztinnen das klinische Assessment machen. Auch könnten Hebammen in pädiatrischen Praxen arbeiten und dort spezifische Aufgaben übernehmen.
Andrea Weber, Geschäftsführerin des Schweizerischen Hebammenverbandes, sieht eine Möglichkeit der Umsetzung darin, in einem Pilotkanton Hebammen oder andere Gesundheitsfachpersonen gezielt aus- und fortzubilden, damit sie gewisse Tätigkeiten übernehmen können. Anhand dieses Beispiels könnte dann das Thema weiter aufgenommen werden.
Die Anwesenden sind sich einig, dass das Thema weiterverfolgt werden soll, denn es gilt, die Grundversorgung der Neugeborenen zu sichern. In einem ersten Schritt ist es darum wichtig, zu wissen, wie viele Kinder nicht in einer pädiatrischen Praxis aufgenommen werden. Dies könnte evtl. über die Abrechnungszahlen der Krankenkassen eruiert werden. Danach soll am gemeinsamen Ziel, den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen, aufeinander abgestimmt werden, um Synergien zu nutzen.

v.l.n.r. : Andrea Weber, Vanessa Leutenegger, Camilla Ceppi Cozzio und Dorothee Eichenberger (Präsidentin der IGNGH).